Kurzgeschichten 1

Auf dem Weihnachtsmarkt

 

Ich hole meine Mutter zu Hause ab. Gemeinsam gehen wir zum nahegelegenen S-Bahnhof und nehmen die S-Bahn nach Esslingen. Draußen ist es dunkel und viele Menschen strömen auf dem Bahnhof in die S-Bahn rein bzw. steigen aus. Ein reges Treiben, denn es ist 18 Uhr und viele fahren nach der Arbeit nach Hause oder gehen noch schnell etwas einkaufen. 
Wir haben es nicht eilig. Wir genießen das Zusammensein, sind wir doch seit einigen Monaten seit meinem Heimgang getrennt. Aber jetzt sind wir wieder für ein paar glückliche Momente zusammen und das genießen wir. 
Wir gehen durch die hell beleuchteten, weihnachtlichen Straßen Esslingens, bis wir schließlich am Marktplatz ankommen, von wo uns bereits der Duft nach gebrannten Mandeln, Bratwürsten und Glühwein entgegenströmt. Wie zu meinen Lebzeiten gehen wir Gang für Gang ab und genießen jeden Augenblick, heute viel mehr wie früher. Oh, da ist ja ein Stand mit schöner Weihnachtsdeko und dort die Krippen und Schwippbögen aus dem Erzgebirge. Herrlich, ich erinnere mich, dass wir so etwas doch auch zu Hause haben. Wir kommen vorbei an Ständen, die Maroni verkaufen, ach wie habe ich die geliebt und wenn sie nur dazu gut waren, die eiskalten Hände zu wärmen. Jetzt zieht mich meine Mutter zu einem Stand mit handgefertigtem Schmuck hin. Sie hat dafür ein Faible und wie gerne habe ich ihr so etwas gekauft. Und da, der Stand mit allen möglichen Produkten aus Wildfleisch, einfach herrlich. Und jetzt sehe ich einen Stand, der die verschiedensten Spirituosen verkauft. Da kommt mir mein Opi in den Sinn, der an so einem Stand nie vorbeikam, ohne nicht eine Spezialität gekauft zu haben, was auch auf mich abgefärbt hat.
Und da plötzlich kommen uns Menschen entgegen, die wie im Mittelalter mit Lederschürzen und dergleichen bekleidet sind. Ach ja, wir sind ja auf dem Esslinger Mittelaltermarkt gelandet, eine Sehenswürdigkeit, von der meine Mutter nicht viel hält. Beim Anblick einer Bude, die Pfeil und Bogen verleiht, kommt mir mein Besuch mit meinem Englisch-LK  in den Sinn, bei dem ich zum Erstaunen meiner Lehrerin alles getroffen habe. 
Meine Mutter und ich schlendern weiter durch die engen Gänge des Weihnachtsmarktes, der sich immer mehr füllt. Ein Meer an den verschiedensten Düften umgibt uns, aber wir müssen so langsam wieder Richtung Ausgang ziehen. Doch zuvor müssen wir noch an einem Glühweinstand unseren obligatorischen Halt machen. 
So langsam neigt sich unser kleiner gemeinsamer Ausflug dem Ende entgegen - schade, es waren für uns beide glückliche Momente, fast so wie zu meinen Lebzeiten. Wir sind beide kurzzeitig in eine andere Welt eingetaucht und haben alles vergessen, was, vor allem für meine Mutter, belastend ist. 
So gehen wir wieder durch die hellbeleuchteten, von Menschenmassen übersäten Straßen zum S-Bahnhof und nehmen die S1, um nach Hause zu kommen. Nach Hause, wie doppeldeutig. Ich bringe meine Mutter zu ihrem Haus, das auch mein Zuhause für 40 Jahre war. Dann muss ich mich leider verabschieden, denn mein Zuhause ist jetzt das Jenseits. Der Abschied fällt uns beiden nicht leicht, aber wir freuen uns schon auf unsere nächste gemeinsame Seelenreise. Mal sehen, wo sie uns hinführen wird.

 

Kunstschnee

 

Kein Schnee in der Gegend meines Elternhauses weit und breit, dabei ist es schon Ende November. Deshalb lade ich meine Mama zu einer Schlittenfahrt ein, um sie wieder auf andere Gedanken zu bringen, denn sie trauert mir immer noch sehr nach. Ich gehe in meine Wohnung, schalte den Kompressor an, verlege Wasserschläuche und schließe meine von mir einst selber angefertigte Düse an und noch ein paar andere Geräte und es kann losgehen. Schon immer hatte ich eine Schwäche für Schnee, der in unserer Region leider immer seltener wurde und so habe ich mir zu Lebzeiten eine Vorrichtung gebaut "Meine Schneekanone" mit der ich künstlichen Schnee erzeugen kann. Als alles steht, bitte ich meine Mama zu mir. 
Es ist dunkel draußen, wir machen das Licht auf der Terrasse an, und los geht's. Feine Wassertröpfchen verwandeln sich bei Temperaturen um die 0°C in feine Schneeflocken, die von unserer Terrasse auf das darunter liegende Grundstück fallen. Sie werden mehr und mehr, ein richtiger Schneeberg entsteht. Jetzt reicht er schon bis zu unserer etwa 7m darüber liegenden Terrasse. Ich schwenke den Arm der Schneekanone in Richtung Terrasse und auch sie füllt sich ungefähr 10cm hoch mit Schnee. Wir sind eingeschneit. 
Ich habe die Idee einen Schneemann mit meiner Mama zusammen zu bauen, aber wir haben Mühe uns aus dem tiefen Schnee zu befreien. Aber es geht, denn die Schneekugeln, die wir für unseren Schneemann brauchen, nehmen wir von dem vor uns liegenden Schnee. Mühsam, aber voller Freude entsteht Kugel für Kugel, die alle ganz schön schwer sind und nur noch mit Mühe aufeinander gesetzt werden können. Jetzt brauchen wir noch Kohlen für die Augen und eine Karotte für die Nase, die meine Mama aus der Wohnung holt. Sie bringt noch eine Mütze von mir mit, die ich nicht mehr anziehen kann und unser Schneemann steht. Herrlich, wir freuen uns wie zwei kleine Kinder, wohlwissend, dass auch sein Leben bald der Vergangenheit angehören wird. Was wird von ihm übrigbleiben? Darüber möchten wir uns aber keine Gedanken machen, denn schließlich ist der Zweck dieses Unternehmens meine Mama für ein paar Minuten von ihren traurigen Gedanken zu befreien. Arm in Arm stehen wir dem Schneemann gegenüber und lassen unsere Gedanken schweifen. 
Um meine Mama wieder abzulenken, kommt mir die Idee, wir fahren Schlitten. Wir holen unseren Schlitten aus meinen Kindertagen, setzen uns drauf, ich vorn, meine Mama hinten und in rasanter Fahrt geht es den Schneehügel von der Terrasse nach unten hinab. Was für eine Freude, so etwas haben wir schon lange nicht mehr gemacht. Das wiederholen wir noch ein paar Mal bis der Schnee zusammengedrückt ist und die Fahrt zu gefährlich werden würde. 
Wir bauen alles ab und verstauen das meiste, einige Teile müssen trocknen, die muss meine Mama am nächsten Tag aufräumen, was sie gerne für uns macht und sie weiß ja auch wohin die Teile gehören.
Wir gehen in meine Wohnung weil ich mich umziehen muss, ich bin komplett durchnässt. Da fällt mein Blick auf meine Bubblemaschine, mit der man so eine Art Seifenblasen herstellen kann. Ich stelle sie auf meinen Balkon, fülle das Fluid ein, versetze es noch mit Zusatzstoffen, damit die Blasen nicht so leicht zerplatzen und schließe die Maschine an. Ach ist das schön, der winterliche Abend eingehüllt in kleine lichtdurchlässige Kugeln, die immer mehr werden. Meine Mama strahlt. Schon bleiben sie im darunterliegenden Hof liegen und bilden einen wunderschönen Berg, in dem sich das Licht spiegelt. Passanten bleiben stehen und schauen mit Begeisterung unserem Treiben zu. Kinder jauchzen und auch wir haben beide eine große Freude. Meine Mama und ich umarmen uns und sind überglücklich. Wie schön könnte doch alles sein!
Aber leider muss ich jetzt Schluss machen, auch diese Geräte säubern und in die Wohnung zum Trocknen stellen. Meine Mama hilft mir dabei wie schon zu Lebzeiten. Sie macht allen Unsinn mit und ist stets auf meiner Seite.
Ich ziehe endlich meine durchnässten Kleider aus und mache mich für den Nachhauseweg fertig. Der Abschied fällt meiner Mama immer sehr schwer, noch eine innige Umarmung und ich muss gehen, aber sie weiß, dass ich morgen wiederkommen werde und wir wieder ein paar glückliche Momente in einer Welt erleben werden, die weder die ihre noch die meine ist.

 

 

Weihnachtsbäckerei

 

Meine Mutter leidet sehr darunter, dass ich nicht mehr in meiner physischen Gestalt da bin, vor allem jetzt in der Vorweihnachtszeit, als sie immer für uns Weihnachtsgebäck gebacken hat. Ich war dabei ein großer Kritiker und Ratgeber und habe mich immer auf ihr gutes Weihnachtsgebäck gefreut. Das geht dieses Jahr leider nicht mehr, deshalb dachte ich mir, ich besuche sie und wir kreieren gemeinsam ein paar Plätzchen. Gesagt - getan. Ich mache ihr den Vorschlag und sie ist sofort damit einverstanden. 
Also legen wir los. Meine Mutter holt die Rezepte für Zimtsterne, Butter-S, Vanillekipferln und Spritzgebäck. Sorte für Sorte wiege ich die Zutaten minutiös ab, denn bei mir muss alles ganz genau stimmen, dafür hole ich sogar meine präzise Chemikalienwaage aus meinem Labor. Ich schütte alles zusammen und sie bereitet den Teig zu. Ach, das ist ja langweilig, so alles nach Rezept. Da fallen mir doch sofort ganz andere Zutaten ein wie Gänseschmalz, schaumig gerührt mit Zucker und Zimt, dazu ein paar Eier, viele synthetische Geschmacksrichtungen aus dem Labor wie Ethylvanillin, Benzaldehyd, etc.  Dann noch Mehl dazu und den Teig zusammenkneten und kalt stellen. In der Zwischenzeit sind die übrigen Teigteile soweit, dass man sie formen kann. 
Ich steche die Zimtsterne brav aus, aber das ist ja langweilig. Das soll sie machen. Ich nehme mir lieber den Teig fürs Spritzgebäck vor. Hier kann ich meiner Fantasie freien Lauf lassen. Ich kreiere Feuerwerkssterne, kleine Vulkane und Bomben, die auch mit einer Zündschnur aus Teig versehen werden, um echt auszusehen. Ja, Mama hat recht, die dünnen Teile werden schnell verbrennen, aber das macht nichts, die überziehen wir nachher mit Schoko- oder Vanilleguss, dann fällt es nicht mehr auf!
Auch aus meinem Teig kreiere ich Formen, die ihr hier auf der Erde gar nicht kennt, bei uns aber Gang und Gebe sind. Meine Mama staunt nur so. Da ist z.B. die Form eines großen Leuchtsterns dabei, der in ähnlicher Form unseren Weihnachtsbaum im Jenseits schmücken soll und den meine Großeltern extra für mich dieses Jahr aufstellen werden.
So jetzt aber ab in den Ofen. Nachdem die ersten Teile fertig sind, beginne ich mit der Dekoration. Leuchtfarben müssen darauf - herrlich bunt, farbkräftig leuchtend, damit auch hier auf Erden ein bisschen Licht Einzug hält. Ach, bevor ich sie überziehe, könnte ich sie doch noch ein bisschen in Rum oder Kirschwasser tunken, das wir glücklicherweise noch aus meinen Lebzeiten haben, denn seit ich nicht mehr physisch da bin, kauft meine Mutter vieles nicht mehr nach, wenn es verbraucht ist. Am liebsten würde ich meine Plätzchen flambieren, aber das leuchtet mir ein, dass das keine gute Idee ist. Blech für Blech holt Mama aus dem Ofen und ich dekoriere das Gebäck, sobald es ausgekühlt ist. 
Wir haben viel Spaß zusammen, naschen auch das eine oder andere warme Teil bis es beginnt uns schlecht zu werden.
Was waren das wieder für schöne gemeinsame Stunden, in denen wir viel gelacht haben und unbeschwert waren.
Doch leider muss ich mich so langsam wieder auf den Weg machen. Ich ziehe meine mehlig verstaubten Kleider aus, wasche mich, meine Mutter holt mir frische Wäsche zum Anziehen und dann mache ich mich leider wieder auf die Reise.
Aber unser nächstes Projekt steht schon: wir wollen gemeinsam Weihnachtsstollen backen.
Ich gehe, traurig schaut mir meine Mama nach, obwohl sie doch weiß, dass ich immer bei ihr bin.

 

 

Weihnachtsstollen

 

Wie versprochen komme ich am nächsten Tag wieder, denn wir haben uns zum Weihnachtsstollenbacken verabredet.
Als ich bei meiner Mama ankomme, stelle ich fest, dass doch so einiges an Zutaten fehlt, weshalb wir in den nahegelegenen Supermarkt fahren müssen. Obwohl der schon seit einigen Jahren dort ist, war ich da auf Grund meiner Krankheit noch nie. Das war echt spannend, denn ich kannte mich überhaupt nicht aus. Meine Mama dirigierte uns über das Rollband in den 1. Stock, wo es wohl alles gab, was wir benötigten. Eier, Butter, nein, nicht die billige, sonder Markenbutter, Hefe, Milch, aber doch keine H-Milch, sondern deutsche Markenmilch, meine Mama greift ständig nach den Billigprodukten, de ich gar nicht möchte. Weiter zu den Mandeln, zum Orangeat und Zitronat, zu den verschiedenen Aromen und zum Mehl. Auch hier immer die gleiche Diskussion: non name Produkte gegen Markenprodukte, aber ich habe mich durchgesetzt.  Ach der Zucker fehlt ja noch, also wieder ein Stück zurück. Ob wir jetzt alles haben? Meine Mama hofft es. Im Erdgeschoß angekommen, schnappe ich im Vorbeigehen noch eine Flasche Glühwein, den ich so gerne trinke! Da fällt mir ein: Rum! Also das Regal für Spirituosen gesucht und schnell wurden wir fündig. 80% iger Rum, das war es, was ich gesucht habe. Ach oh weh, der Puderzucker fehlt ja. Da sich meine Mama besser auskennt, eilt sie in den 1. Stock zurück, während ich im Erdgeschoß durch die Gänge schlendere und schaue, was es hier alles gibt. Da, Orangen und Zitronen brauchen wir ja auch noch, das hätten wir fast vergessen. Ich lege zwei Netze in den Einkaufswagen und warte auf meine Mama. Als sie kommt, gehen wir gemeinsam zur Kasse. Glücklicherweise ist nicht viel los und wir kommen schnell dran. Wir bezahlen, gehen zu unserem Auto, laden alles sorgfältig in die Einkaufbox; solange ich den Einkaufswagen zurückbringe, startet Mama bereits das Auto und kommt mir entgegengefahren. Jetzt geht es nach Hause.
Dort schnappe ich mir eine riesige Schüssel und kippe alle Zutaten hinein, reibe Zitronen- und Orangenschale dazu, schütte eine gehörige Portion Rum hinein und dann kommt das Ganze in ein Gerät von der Größe eines Betonmischers. Das Gerät läuft zu meiner Zufriedenheit und ich erwärme den Glühwein. Oh wie das duftet.
Als der Teig fertig geknetet ist, kommt er in den Backofen. Eine riesengroße Teigkugel, die so schwer ist, dass sie meine Mama kaum tragen kann. Oh wie der aufgeht! Die ganze Wohnung wird von dem herrlichen Duft nach Weihnachtsstollen durchflutet und wir geniesen in gemütlicher Runde unseren Glühwein und lachen über frühere Zeiten. Ach wie schön war das doch! Ich fühle mich total wohl und geborgen - einfach gemütlich und schön. Als wir nach unserem Stollen schauen, hat die Kugel den ganzen Backraum ausgefüllt, so etwas haben wir noch nie gesehen. Wir decken ihn ab, damit er nicht verbrennt, aber besser durchgebacken wird. In der Zwischenzeit  schmelzen wir die Butter und stellen den Puderzucker samt Sieb bereit. Jetzt hole ich das schwere Teil aus dem Backofen und übergieße es mit der zerlassenen Butter, die meine Mama auf dem Stollen verteilt. Dann kommt der Puderzucker darüber, der muss schon schön dick darauf sein. Ob wir nochmal ein bisschen Butter darüber gießen sollen, damit die nächste Puderzuckerschicht besser hält? 
So jetzt muss er auskühlen, bevor ihn meine Mama heute Abend dick einwickelt. Ich stelle den Stollen in meine Räumlichkeiten, da es da angenehm kühl ist, da ich ja nicht mehr da bin und somit nicht mehr heizen muss.
Oh je, ich muss mich umziehen, bin ich doch voll mit Mehl- und Zuckerstaub, denn leider muss ich mich wieder auf den Rückweg machen.
War das ein schöner Nachmittag. Ich verabschiede mich unter Tränen von meiner Mama und verspreche ihr, am nächsten Tag wieder zu kommen. Inzwischen halten wir telepathisch Kontakt und überlegen uns das nächste Projekt, auf das wir uns beide schon jetzt freuen.


 

Im Schwarzwald

 

Heute sind wir in der Nähe des Feldbergs im Schwarzwald. Es schneit was runter kann und ich liebe doch den Schnee so sehr. Also ziehen wir uns winterfest an und gehen ins Freie. Bei dem vielen Schnee darf eine Schneeballschlacht mit meiner Mama wie in guten alten Zeiten nicht fehlen. 
Als wir hinreichend voll mit festen Schneeteilen sind, habe ich die Idee, wir könnten doch Schlittenfahren. Rund um unser Haus hat es viele kleine Hügel, die man zum Einüben herunterfahren kann. Also holen wir unseren Familienschlitten aus frühester Kindheit aus der Garage und setzen uns drauf. Ich hinten, meine Mama vorn, denn lenken und den Schlitten steuern, kann sie nicht. Wir stapfen den kleinen Hügel neben dem Haus hinauf. Durch den kontinuierlich rieselnden Schnee sind wir schon zu zwei kleinen Schneemännern geworden. Oben angekommen setzen wir uns auf den Schlitten und hui, die Fahrt geht los. Meine Mama schaut zunächst etwas ängstlich drein, doch ich glaube auch ihr macht es Spaß, hat sie doch keine Einwände gegen eine neue Abfahrt. Leider ist der Weg bergauf etwas mühsam, denn die Schneehöhe steigt und wir sinken immer mehr ein. Nach ein paar Abfahrten wird dieser Hügel langweilig und wir probieren uns an einer längeren Abfahrt aus. Dieser "Berg" ist etwas steiler und länger, so dass wir in einen größeren Abfahrtsgenuß kommen. Unser Schlitten wird dabei ganz schön schnell und da hier auch noch andere Schlittenfahrer unterwegs sind, muss ich ganz schön aufpassen, dass es zu keinem Unfall kommt, da einige nicht sehr rücksichtsvoll fahren. Nach zwei Abfahrten beschließen wir, diesen Hügel aus Sicherheitsgründen aufzugeben.
Da kommt mir eine Idee: Wir haben doch noch Mamas Skier aus Jugendzeiten. Wie wäre es, wenn wir die anschnallen und uns damit auf den Schlitten setzen und diel leicht geneigte Straße, auf der durch den Schneefall niemand mehr unterwegs ist, hinunterfahren? Gesagt - getan. Wir holen die Skier, ich schnalle sie mir an, setze mich wieder hinten auf den Schlitten, Mama vorn; sie muss ihre Füße auf die Skier stellen, damit sie nicht versehentlich bremst, und los geht's. Ganz gemütlich fahren wir die etwa 2km lange Straße hinunter. Niemand außer uns ist unterwegs und wir genießen die gemütliche Abfahrt inmitten der herrlichen Schneelandschaft des Schwarzwalds. Die Tannen sind dick voll mit Pulverschnee und ab und zu kommt mal eine Ladung Schnee von den die Straße säumenden Bäume auf uns herunter. Aber das macht nichts. Wir freuen uns zusammen zu sein und wieder etwas gemeinsam zu unternehmen. Trotz des Schneetreibens unterhalten wir uns und erzählen von früheren Aufenthalten im Schnee, die mir immer so gut gefallen haben.
Aber oh je! Woran wir nicht gedacht haben, wir müssen die Straße ja auch wieder zurück und da geht es den Berg hinauf. Auch wenn er nicht sehr steil ist, so ist er bei dem vielen Schnee schon sehr mühsam. Aber wir wollen es probieren. Am Ende der Straße angekommen, steigen wir vom Schlitten, ich schnalle die Skier ab, schultere sie und ziehe auch den Schlitten hinter mir her. Mama schafft das nicht, sie ist mit dem Stapfen im Schnee völlig ausgelastet. Ach ist das anstrengend. Da, der Schneepflug, unsere Rettung. Der Fahrer sieht wie wir uns abmühen und hält an und fragt, wo wir denn hinwollen. Gerne würde er uns ein Stück des Weges mitnehmen, doch leider hat er keine zwei Sitzplätze. Ich will Mama den Vortritt lassen, doch das kommt für sie überhaupt nicht in Frage. In den paar gemeinsamen Stunden wollen wir uns nicht trennen. Da schlägt der Fahrer vor, er knotet unseren Schlitten mit einem Seil am Schneepflug fest und zieht uns hinter sich her. Ein bisschen zusätzlichen Schnee werden wir schon abbekommen, aber es ist auf jeden Fall bequemer. Und so gelangen wir langsam aber sicher die Straße hinauf. Mittlerweile dämmert es schon, die Straßenlampen gehen an und es ist eine richtig romantische Atmosphäre, die wir sehr genießen. Der Fahrer macht wegen uns sogar einen Umweg und läd uns direkt vor unserem Haus ab. Wir sind ihm unendlich dankbar und Mama will ihm noch einen Kaffee machen, aber er muss weiter, ist er doch wegen uns ohnehin schon verspätet. Wir verabschieden uns voller Dankbarkeit von ihm.
Schnell gehen wir ins Haus, ziehen uns um, denn wir sind mittlerweilen wirklich bis auf die Haut naß und durchgekühlt. 
Und dann muss ich mich auch schon wieder auf den Weg machen. Der Abschied fällt uns beiden nach diesem herrlichen Nachmittag schwer, aber wir wissen ja, dass wir uns auf ein neues Abenteuer freuen dürfen.

 

 

Vorgezogener Silvesterabend


Bald ist Silvester und meine Mutter ist am Boden zerstört. War Silvester doch für mich auf Grund meiner beruflichen Orientierung und meines Hobbys das Highlight des Jahres auf das ich immer hinfieberte. Ich besorgte schon immer das nötige Feuerwerk, um es zu einem schönen, in sich stimmigen Feuerwerksgenuss zusammenzustellen. Als es mir noch gut ging, erprobte ich mich in dem einen oder anderen Feuerwerkseffekt, was eben zum Testen auch nur an Silvester möglich war. Dieses Feuerwerk betteten wir in eine alljährliche Silvesterparty im Kreise von Freunden ein, die nicht selten bis morgens früh um 5 Uhr ging.
An all das erinnert sich meine Mutter mit Tränen in den Augen, denn das alles ist von heute auf morgen durch meinen Heimgang weggefallen.
Also überlege ich mir wie ich mit ihr ein klein wenig Silvester nachstellen könnte und sie für ein paar Augenblicke von ihren trüben Gedanken wegbringen könnte. Also statte ich mich mit einem Wäschekorb voller Feuerwerkskörper aus und mache mich auf den Weg zu meinem irdischen Zuhause. Wie immer, wenn ich dort ankomme, ist die Freude auf beiden Seiten groß. Ich gehe zusammen mit Mama in meine Wohnung und lasse auf dem Balkongeländer so eine Art Kinderfeuerwerk zur Einstimmung los, das auf dem Geländer farbwechselnd entlanghüpft bis es abgebrannt ist und als leere Hülle hinunterfällt. Dann kommen einige Vulkane, denn die durften auch in der Vergangenheit bei meinem Feuerwerk nie fehlen. Auch spezielle Raketen schießen wir gen Himmel. Anschließend gehen wir auf die Terrasse und zünden die vorbereiteten Feuerwerksbatterien an. Was war das für eine Augenweide: blaue und goldene Sterne mit Goldregen vermischt - einfach herrlich. Auch Mama gefällt das Feuerwerk und ich glaube für einen kurzen Moment hat sie vergessen, dass ich meinen physischen Körper vor knapp 9 Monaten abgelegt habe. 
Wir schauen, was noch an Spezialeffekten in meinem Korb ist, ehe wir uns ins Innere meiner Wohnung begeben und dort noch das Tischfeuerwerk, das von den vergangenen Jahren übrig ist, anzuzünden. Oh je, gibt das eine Unordnung, aber meine Mama versichert mir, alles wieder zu säubern, damit meine Wohnung bei meinem nächsten offiziellen Besuch wieder ordentlich ist. 
Da habe ich noch eine Idee: ich habe doch zu meinem 40. Geburtstag eine Zuckerwattemaschine geschenkt bekommen. Wie wäre es, wenn wir Zuckerwatte herstellen und zur Dekoration Konfetti mit einbauen? Diese von Zuckerwatte umsponnenen Holzstäbe könnten wir zur Silvesterdekoration aufhängen. Gesagt - getan. Meine Mama bringt den Spezialzucker und ich hole das Konfetti und los geht es! Das macht vielleicht Spaß, wobei die Unordnung immer größer wird. Da wir verschieden farbigen Zucker haben, können wir rosa, gelbe, hellblaue  und weiße Zuckerwatte herstellen, stets mit Konfetti dekoriert. Als die verschiedenen Zuckerwattestäbe fertig sind, hängen wir sie überall in meiner Wohnung auf, was sehr lustig aussieht. Ich bin mal gespannt wie lange sich der Zucker an den Stäben hält. 
So jetzt noch schnell ins Bad und mich ein bisschen frisch machen, ehe ich mich wieder für den Rückweg startklar machen muss. Es ist schön zu sehen, dass meine Mama ihren traurigen Blick vergessen hat und kurzfristig wieder richtig glücklich aussieht. Doch das verändert sich dann wieder schlagartig, als ich mich von ihr verabschieden muss und da wird mir wieder so richtig klar wie sehr sie immer noch unter meinem physischen Verlust leidet, was mir unendlich leid tut. Trotzdem müssen wir uns wieder trennen, aber ich verspreche ihr in den nächsten Tagen zu einem neuen Abenteuer vorbeizuschauen.

 

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